Der Regionale Naturpark der Ballons des Vosges ist ein lebendiges und dynamisches Gebiet, dessen Steine, Bodenschätze, Holz und Wasser schon lange vom Menschen für den Ausbau der Industrie und des Handwerks genutzt werden. Außerdem ist dieses Gebiet Schauplatz einer bewegten Geschichte, die eng mit den Weltkriegen verbunden ist.

Die industrielle Tätigkeit in diesem ländlichen Gebiet hing früher eng mit den geographischen Bedingungen zusammen. Die zahlreichen Wasserläufe, die dichten Wälder und die Bodenschätze begünstigten die Entstehung verschiedener Industriezweige, die vom Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts vom Wasserrad und anschließend von der Dampfturbine angetrieben wurden. 

Wasser als Antriebskraft

Ab dem Hochmittelalter breitet sich die Wasserkraft aus, die auf immer vielfältigere Arten eingesetzt wird: zum Mehl mahlen, Holz sägen, für den Bergbaubetrieb, die Eisenindustrie… Jeder Wasserlauf speist eine Mühle, Schmiede oder Sägemühle. Die Säger widmen sich fachkundig dem Holzsägen mit einer langen, vertikalen Klinge, die durch ein riesiges Wasserrad oder eine Turbine hin- und herbewegt wird. Manchmal wird das Wasser sogar durch ein Gerinne bis zur „Hochgangsäge” geleitet. Dabei handelt es sich um eine große Metallklinge, die das Holz vertikal durch Abwärtsbewegung schneidet. Außerdem wird der Begriff auch für ein traditionelles, wasserbetriebenes Sägewerk verwendet. Sägewerksbesitzer, Vereine und Gemeinden erwecken diese Anfang des 20. Jahrhunderts in Vergessenheit geratene Geschichte wieder zum Leben: Alte Sägewerke öffnen wieder ihre Türen, und die Wasserräder nehmen ihre Arbeit wieder auf…

Das Bergbauerbe

 Die Reichtümer der Vogesen befinden sich auch unter der Erde. Silber, Kupfer, Eisen, Kobalt, Kohle oder Arsen haben seit dem Mittelalter zu einer bedeutenden Abbautätigkeit geführt. Vom 16. bis 17. Jahrhundert ist der Bergbaubetrieb auf dem Höhepunkt, bevor er im 20. Jahrhundert erlischt. Es gab einen regelrechten „Silberrausch“ mit Bergarbeitern aus Sachsen, Böhmen, Tirol oder der Pfalz. Die Arbeit in den Minen hatte bedeutende wirtschaftliche, soziale und kulturelle Auswirkungen. Sie prägte das Vokabular, die Bräuche, die Landschaften und die Toponymie des gesamten Vogesenmassivs zutiefst. Nach der Aufgabe des Bergbaubetriebs dienten die ehemaligen Minen als Schutzräume für eine fragile Fauna und Flora. Doch der Geist der Minen ist weiterhin lebendig. Auf allen Hängen der Vogesen gibt es Überreste der einstigen Tätigkeit zu entdecken: Val d’Argent, Le Thillot, La Croix-aux-Mines, Giromagny. Interessierte Besucher können an mehr als zehn Standorten die faszinierende Bergbauwelt kennenlernen.

Das Textilerbe

Die wirtschaftliche Entwicklung zahlreicher Vogesentäler begann mit dem Bergbau. Das Vorhandensein von Arbeitskräften und „industrialisierten“ Standorten erleichtert die Umstellung auf neue Industriezweige, insbesondere die Textilindustrie, als im 18. Jahrhundert immer mehr Minen schließen. Im 19. Jahrhundert werden Fabriken am Ufer von Flüssen und Wasserläufen errichtet, um die Wasserkraft zu nutzen. Die ersten Fabriken erinnern an große Bauernhöfe mit zahlreichen Fenstern. Die Arbeiter, die meistens gleichzeitig Kleinbauern waren, lebten auf den Höfen der Umgebung. Ab 1872 entstehen in den Tälern der Vogesen zahlreiche Fabriken in der Nähe der Flüsse. Ihre langen, einstöckigen Gebäude mit Sägezahndächern, die sogenannten Sheds, prägen die Landschaft. Die Unterbringung der Arbeiter ist ein ständiges Anliegen für die Industriellen, die zuerst Kasernen, dann an die Fabriken angrenzende Siedlungen errichten. Bis zu zehn Familien wohnten in den Kasernen, wohingegen die Siedlungen aus mit militärischer Präzision errichteten Unterkünften bestanden, die von Gärten umgeben waren. Das ist das goldene Zeitalter der Textilindustrie. Die Industriellen errichten neben Fabriken auch Kanäle, Wege, Siedlungen, Schulen, Krippen und Kirchen. Doch nach den zerstörerischen Weltkriegen hat auch die Textilindustrie mit Herausforderungen zu kämpfen. Ab den 1950er-Jahren erleidet die Textilbranche einen großen Einbruch, der eine gründliche Umstrukturierung dieses Industriezweigs nötig macht. Heute sind Veredelung und Herstellung von Luxusgütern die Hauptzweige der Textilindustrie in den Vogesen.

Das Label für die Industrie der Region
Vosges terre textile“ und „Alsace terre textile
Ungefähr 30 Unternehmen sind mit diesem Label ausgezeichnet und dürfen das Logo „Acteur de Vosges terre textile“ führen. So kann der Verbraucher sicher sein, dass mehr als 75 % der Fabrikationsschritte in den Vogesen und in zertifizierten Herstellerbetrieben durchgeführt wurden. So werden Authentizität, Herkunft, Einhaltung einer Best-Practice-Charta sowie der Werte des Konzepts „Terre Textile“, das der geschützten Herkunftsbezeichnung AOC für Stoffe entspricht, garantiert.
Paul de MONTCLOS, Vorsitzender von Syndicat Textile de l’Est, Terre textile® und von Vosges terre textile®